In diesem Beitrag möchte ich mich mit dem Thema „Trauma und Bindung“ auseinandersetzen, da es sich auch in meiner Praxis immer wieder zeigt und in engem Zusammenhang mit Bindungs- und Beziehungsproblemen steht.
Trauma-Erfahrungen in der frühen Kindheit
Traumatische Ereignisse können Bindungen stark beeinträchtigen. Erlebnisse in der frühen Kindheit haben einen großen Einfluss darauf, wie wir später im Erwachsenenalter mit Kontakten und Beziehungen umgehen. Und auch darauf, ob und wie wir uns mit der Welt und unserem Umfeld verbunden fühlen. Es ist kaum zu glauben, wie alleine, fremd und fast „wie aus dem Nest gefallen“ sich manche dadurch fühlen. Schock- und Entwicklungstrauma haben eine enorme Kraft, uns wie durch eine Glaswand auf das Leben blicken zu lassen, „alle anderen sind drüben, nur wir stehen alleine da“.
Erlebnisse, wie zum Beispiel eine komplizierte Geburt oder Mütter und Väter, denen es schwerfiel, für ihr Baby da zu sein, können sich stark auf die weitere Entwicklung des kleinen Erdenbürgers auswirken. Für ein Baby kann es tatsächlich schon traumatisch sein, wenn es nach der Geburt ins Nebenzimmer gelegt wird. Obwohl das für uns Erwachsene mitunter kaum nachvollziehbar ist.
Selbstregulation und Bindungsfähigkeit
Wachsen wir gut auf, entwickeln wir Resilienz und Antifragilität. Resilienz bedeutet, dass man nach einem schwerwiegenden Ereignis wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückkommt. Antifragilität heißt, dass man nach einer Belastung sogar wächst und stabiler wird. Sowohl Resilienz als auch Antifragilität haben sehr viel mit der Fähigkeit zur Selbstregulation zu tun und auch damit, sich auf andere Menschen einzulassen und sich binden zu können.
Selbstregulation und Bindungsfähigkeit werden in den ersten drei Lebensjahren festgelegt. Die wichtigsten Hirnprägungen entstehen in den ersten 5 Lebensjahren. Bereits in dieser Zeit trifft der Mensch unterbewusst die Entscheidung zwischen Autonomie & Würde und Beziehung & Kontakt. Er entscheidet sich, ob er in seinem Leben, vor allem in Stresssituationen, auf Autonomie setzt und versucht seine Würde zu retten oder alles dafür tut, um die Beziehung zu retten, auch wenn es auf Kosten seiner Würde geht.
Wie wir uns selbst regulieren und somit in unser Leben gehen, ist prägend für all unsere Beziehungsmuster. Grundsätzlich sind wir evolutionär darauf programmiert, uns zu binden. Wir brauchen jemanden, der alles für uns tut, uns beruhigt und Erregung in unser Nervensystem bringt. Dieser Toleranzbereich kann sich weiten, je mehr Erregung und Anregung das Kind bekommt. Allerdings muss es danach auch wieder beruhigt werden.
Heilung durch rechtshemisphärische Kommunikation
Glück ist ein hocherregendes Gefühl und oftmals vermeiden Menschen dieses, weil sie die Erregung gar nicht im Körper halten können oder mit etwas Unangenehmen verbinden. Deshalb brauchen wir Bezugspersonen, die uns ansprechen, mit uns spielen, uns hochfahren und nicht nur beruhigen. Wir brauchen viel Kontakt, Berührung und eine eingestimmte Kommunikation, die den Körper und die Gefühle miteinbezieht. Und genau das ist auch der Grund, warum später viele Therapien nicht effektiv sind. Die Bezugsperson muss sich mit dem ganzen Sein, auch stimmlich, auf das Kind einstellen. Das schafft Nähe und Zugang. Und dadurch kann sich das Gehirn des Kindes entwickeln.
Deshalb ist es für mich als Therapeut wichtig, mit meinen KlientInnen auf dieser rechtshemisphärischen Ebene zu kommunizieren. Auf diese Weise kann Heilung passieren und die Bindungsfähigkeit wieder langsam zu wachsen beginnen.
Sichere und unsichere Bindung
Eine sichere Bindung ist die Voraussetzung für ein beziehungsfähiges, sich anpassendes Nervensystem, welches mit hoher Konzentrationsfähigkeit, Glücksfähigkeit, Empathiefähigkeit, Beziehungsfähigkeit und Stressresistenz zusammenhängt.
Aber es gibt natürlich auch immer wieder andere wichtige Inhalte, die zum Thema werden: Vermeiden von Nähe, zu wenig Grenzen, Stress mit Sexualität, Ambivalenz, um die PartnerIn in ständiger Unsicherheit zu halten. Es handelt sich dabei um die unsicher vermeidende, ambivalente oder desorganisierte Bindung.
Akzeptanz und Selbst-Vergebung
Leider sind unsere Beziehungsmuster relativ beständig und wirken wie eine Blaupause auf unser Leben bzw. darauf, wie wir mit anderen Menschen umgehen. Sie wirken auch auf unsere Erwartungen ans Leben und die damit verbundenen Glaubenssätze. Es ist sehr leicht, Verhaltensweisen, Erwartungen und Glaubenssätze zu schaffen, aber unheimlich schwer, sie zu verändern. Voraussetzung zur Veränderung ist, diese zuerst zu akzeptieren und uns auch selbst zu verzeihen, denn wir haben keine Schuld daran, was uns angetan wurde. Unser Körper ist unser Haus und das Einzige, was uns für den Rest unseres Lebens bleibt. Wir müssen liebevoll und achtsam mit ihm umgehen.
Im therapeutischen Setting unterstütze ich meine Klienten dabei, einen freundlichen inneren Beobachter zu etablieren, sich nicht komplett mit seinen Gefühlen zu identifizieren und aus dem inneren Drama auszusteigen. Denn Gefühle kommen und gehen. Ich weiß, dass diese Schritte oft nicht einfach sind. Schon gar nicht, wenn man sie alleine geht. Deshalb ist es mir ein großes Anliegen, meine Klientinnen und Klienten stets zugewandt, liebevoll und achtsam auf ihren individuellen Wegen zu begleiten.
Psychotherapie in Dornbirn - Vorarlberg
Psychotherapie bedeutet wörtlich übersetzt „Behandlung der Seele“. Psychotherapie ist viel mehr. Sie ist heute eine Lebensschule, in der wir uns in einem geschützten Raum erfahren können, Probleme aufarbeiten, unsere Persönlichkeit stärken und eine gute Beziehung zu uns selbst finden können.
Gernot König
Schulgasse 22
A-6850 Dornbirn